3. Mitreden können: Grundbegriffe normativer und angewandter Ethik

3.3. Ethos


Wallner 2007, S. 4:
„Unter Ethos kann ein Gesamtmuster von Haltungen, Regeln, Normen, Prinzipien, Wertüberzeugungen oder Institutionen verstanden werden. Moderne, funktional ausdifferenzierte Gesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine Pluralität von Moralvorstellungen oder Ethosformen zulassen. Ein bestimmtes Ethos kann sich beispielsweise auf umgrenzte Berufsgruppen beziehen (Standesethos z.B. der Ärztinnen und Ärzte) und so eine entsprechende Identität schaffen, welche eine Gruppe von anderen abgrenzt.“

Irrgang 1995, S. 14:
„Ethos bezeichnet die sittliche Einstellung eines Menschen, einen Typus von Sittlichkeit oder sozialethisch die Lebensform einer gesellschaftlichen Gruppe oder eines Berufsstandes, wobei eine spezifisch akzentuierte Werthaltung im Mittelpunkt steht.“

Lay 2004, S. 188:
„In der griechischen Philosophie galt die Auffassung, dass jede Gemeinschaft oder Gruppe ein eigenes Normensystem besitzt: das Ethos. […] Im heutigen Sprachgebrauch meint Ethos sittliche Haltung, Gewohnheit, Eigenheit und Gesinnung […]. Ethos bezieht sich als gelebtes Ethos […] auf die tatsächlichen Gegebenheiten in einem Sozialverband, ist also nicht schriftlich fixiert, sondern wird im täglichen Lebens ausgedrückt und verwirklicht. Ein Ethos ist gleichsam die sittliche Konvention eines sozialen Gebildes. Um sie zu erlernen, braucht es Menschen, die das Ethos vorleben.“