3. Mitreden können: Grundbegriffe normativer und angewandter Ethik

3.2. Moral


Wallner 2004, S. 24:
„Mit Moral kann jedes Ensemble von Verbindlichkeiten bezeichnet werden, das für das menschliche Handeln bzw. Unterlassen unter dem Aspekt der Sittlichkeit (gut/richtig bzw. böse/falsch) von normativer Bedeutung ist. Zur Moral gehört menschliches Verhalten also nur insofern, als es aus eigenmächtigem Urteil hervorgeht und sich der Handelnde zu diesem Tun um des Guten willen, das er darin zu finden meint, entscheidet.“

Lay 2004, S. 14:
„Das Wort Moral stammt von lat. moralis (die Sitten betreffend), einer Ableitung von lat. mos (Genitiv: moris), das so viel bedeutet wie: zur Regel gewordener Wille, auf innerer Gesinnung beruhende, gewohnheitsmäßige Tätigkeit, Sitte, Brauch.

Höffe 2008, S. 211-:
„Moral (lat.mores: Sitten, Charakter) u. Sitte stellen den für die Daseinsweise des Menschen konstitutiven […] normativen Grundrahmen für das Verhalten vor allem zu den Mitmenschen, aber auch zur Natur u. zu sich selbst dar. M.[oral] und S.[itte] […] bilden im weiteren Sinn einen der Willkür der Einzelnen entzogenen Komplex von Handlungsregeln, Wertmaßstäben auch Sinnvorstellungen.

M.[oral] und S.[itte] werden nicht allein in persönlichen Überzeugungen u. Verhaltensweisen, sondern auch in der Verfaßtheit öffentlicher Institutionen (Eigentum, Familie usf.) letztlich in der gelebten (nicht bloß postulierten) wirtschaftlichen, sozialen, politischen u. kulturellen (besonders auch religiösen) Ordnung sichtbar.

Sie bilden ein von inneren Spannungen nicht freies Ganzes, das in der jeweiligen Gestalt für Klein- oder Großgruppen, auch für ganze Kulturkreise charakteristisch ist u. die Unterscheidung von »fremd« u. »dazugehörig« mitbegründet.

Sie werden durch Aufwachsen in der entsprechenden Gruppe, durch Vor- und Nachmachen, Leitbilder, verbale oder nicht verbale Billigung u. Mißbilligung angeeignet u. zur persönlichen Haltung, Sinnesart befestigt […], mit der Gefahr, daß die eigene M.[oral] und S.[itte] absolut gesetzt und Fremde mit anderer M.[oral] und S.[itte] diskriminiert werden.“