4. Systematisierung von Ethikformen und Ethiktypen: Ethik im Plural oder wie behalte ich den Überblick?

4.1. Normative Ethik


Beschränken wir uns im Folgenden auf die ethische Theoriebildung, mit der versucht wird, plausible Argumentationswege zu entwickeln, mit deren Hilfe man Geltungsansprüche von Normen, Regeln oder die Eignung von Prinzipien ausweisen kann.

Wir bewegen uns dann im Bereich der sogenannten normativen Ethik. Sie wird von der deskriptiven Ethik und der Metaethik unterschieden.

Deskriptive Ethik: Forschungsgegenstand sind die herrschende Moral, die Frage nach Einstellungen, die untersucht und beschrieben werden, ihre Geltungsansprüche werden nicht hinterfragt sondern beschrieben (deskriptiv ist nicht präskriptiv). Beispiele einer aktuellen Fragestellung: Was halten Pfegefachkräfte von einer Impfpflicht gegen SARS-Cov-2? Oder: Befürworten Hebammen die ab 2022 vorgesehene Kostenübernahme für NIPT-Tests?

Metaethik: Erforscht die Grundlagen ethischer Theoriebildung und die Möglichkeit normativer Aussagen und Geltungsansprüche. Eine beispielhafte Fragestellung hier wäre: Sind überhaupt präskriptive Aussagen mit (geistes-) wissenschaftlichen Methoden plausibel zu treffen? Welche Bedingungen müssen dafür erfüllt sein?

Die Theorien zur normativen Ethik lassen sich in verschiedener Weise kategorisieren: 

1. nach Herkunft (westlich/östlich )
2. als klassisch (Hedonismus, Stoizismus, Theorien vom guten Leben..) oder modern  (analytische Theorien, wie Naturalismus, Sensualismus, Intuitionismus...)
3. Aufteilung in folgenorientierte und nicht folgenorientierte Ethiken. Diese systematische Klassifikation ist die mit der weitesten Verbreitung, wir werden sie auch unserer weiteren Untersuchung zugrundelegen.