Einführung Fallarbeit

Systemische Grundsätze des Vorgehens

Die folgenden sechs Grundprinzipien veranschaulichen, woran systemische Praxis ausgerichtet werden kann.

a. Respekt und Bescheidenheit

Systemisches Arbeiten berücksichtigt die Autonomie und Eigendynamik der Systeme (Selbstreferentialität), mit denen sie arbeitet. Der damit eng verbundene sensible Umgang mit der eigenen ExpertInnenschaft spiegelt sich wieder im Nachdenken über Problem und Lösung mit den Beteiligten und in der Befürwortung von ziel- und ergebnisoffenen Hilfeprozessen.

b. Zirkularität und Vernetztheit

Systemische Praxis nimmt Regeln und Muster von Kommunikation in den Blick. So wird weniger die Suche nach der Ursache, sondern die Frage des Umgangs mit Kausalitätsvorstellungen in der sozialen Praxis und die Frage nach den strukturellen Kopplungen zwischen Systemen (z. B. zwischen Familie und Gesellschaft) favorisiert. Diese Perspektive verdeutlicht die Zirkularität und Vernetztheit sozialer Zusammenhänge.

c. Leitdifferenz soziale Teilhabe

Als Leitdifferenz der Sozialen Arbeit in Deutschland kann ausgewiesen werden, dass sie sich über soziale Teilhabe/Nicht-Teilhabe (Stichwort: Inklusion/Exklusion) organisiert. Nicht nur die individuelle Kompetenz, Gesundheit oder Bildung, sondern der soziale Zugang, die gesellschaftliche Teilhabe und die Eigenverantwortung bilden Leitmotive. Ein wesentlicher Bezugspunkt für die Soziale Arbeit ist soziale Gerechtigkeit, weshalb sie auch andere gesellschaftliche Systembereiche (z. B. Arbeitsmarkt, Wohnungsmarkt) thematisiert.

d. Ressourcen- und Lösungsorientierung

Statt vorrangig auf Schwächen, Defizite und Probleme im Klientensystem zu achten, fokussiert eine systemische Vorgehensweise vorhandene bzw. noch verdeckte Stärken, Kompetenzen, Ressourcen und mögliche Lösungen. Damit wird eine positive Entwicklung begünstigt. Die folgenden beiden Schaubilder veranschaulichen eine zirkuläre Dynamik, die mit diesem Perspektivenwechsel einhergehen kann:

 "Teufelskreis"

 "Engelskreis"

e. Kontextsensibilität

Systemische Praxis geht sensibel mit der Kontextualität jeden Verhaltens bzw. jeder Kommunikation um. Dadurch gewinnt sie Zugänge zu sozialem Sinn und zu Möglichkeiten der Veränderung. Die Frage, an welchen Kontexten die jeweiligen Systeme ihre Entscheidungen und Handlungen ausrichten, bezieht sich u. a. auf soziale und gesellschaftliche Traditionen, Verhältnisse und Wertvorstellungen.

f. Reflexivität

Da in der Praxis mehrere Aspekte und Beteiligte angesprochen werden, muss eine Auswahl getroffen werden, was, wie, wann, warum und wer aktuell thematisiert wird. An diesem Selektionsprozess sind SozialarbeiterInnen wesentlich mitbeteiligt. Soziale Arbeit versteht sich aus den genannten Gründen als wissens- und reflexionsbasierte Wissenschaft und Praxis.